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Regionalverkehr 1/2004

Das RegioNetz DB Erzgebirgsbahn

Wenige Monate vor Aufnahme der Tschechischen Republik in die Europäische Union im Mai 2004 hat die DB Erzgebirgsbahn zwei grenzüberschreitende Zugverbindungen wieder in Betrieb genommen. Seit dem 14. Dezember 2003 rollen alle zwei Stunden moderne Dieseltriebzüge der Marke Desiro zwischen Chemnitz und dem tschechischen Vejprty. Hier besteht Anschluss an die Schienenbusse der Tschechischen Staatsbahn CSD zur Weiterfahrt nach Chomutov. Und auf der Linie Zwickau – Johanngeorgenstadt fährt täglich ein Zugpaar für Ausflügler und Touristen durchgehend nach Karlovy Vary. Zu den übrigen Zeiten kann in Johanngeorgenstadt wie bisher auf CSD-Schienenbusse umgestiegen werden.

Die DB Erzgebirgsbahn mit ihren vier Linien südlich von Chemnitz und Zwickau ist eines von bundesweit fünf RegioNetzen der Deutschen Bahn AG. Bei diesen werden Infrastruktur und Verkehrsbetrieb jeweils lokal zusammengeführt, sodass der Eisenbahnbetrieb kostengünstiger und kundenorientierter organisiert werden kann. Über Investitionen, Fahrzeugeinsatz, Marketingmaßnahmen und Fahrplangestaltung entscheiden die einzelnen RegioNetze eigenständig in Abstimmung mit den zuständigen Bestellern der Verkehrsleistungen.

Die DB Erzgebirgsbahn mit Sitz in Chemnitz bedient mit 16 neuen Desiro-Triebzügen des Herstellers Siemens Transportation Systems (TS) die vier Strecken Chemnitz – Flöha – Neuhausen, Chemnitz – Flöha – Annaberg-Buchholz – Vejprty, Chemnitz – Aue und Zwickau – Aue – Schwarzberg – Johanngeorgenstadt. Sie sind zusammen 217 Kilometer lang, hinzu kommen 23 Kilometer zwischen Annaberg-Buchholz und Schwarzenberg, für die vom Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS), dem zuständigen Auftraggeber, aber keine Personenzugleistungen mehr bestellt werden. Im Streckennetz gibt es 68 Bahnhöfe und Haltepunkte, 99 gesicherte und 127 technisch ungesicherte Bahnübergänge, 282 Brücken, 608 Durchlässe, vier Tunnel und 22 Kilometer Stützbauwerke. Noch bis 2008 werden abschnittsweise Bau- und Sanierungsmaßnahmen duchgeführt – dazu gehören neben der Gleiserneuerung, Tunnel- und Brückensanierung unter anderem der Bau moderner Stellwerke und die Verlegung von Haltepunkten in Siedlungsnähe. Die Streckengeschwindigkeit soll im Zuge des Ausbaus wieder auf mindestens 60 Stundenkilometer, in einzelnen Abschnitten sogar auf 80 Stundenkilometer angehoben werden.

Desiro auf der Erzgebirgsbahn

Auf der Grundlage eines Verkehrsvetrags mit dem ZVMS erbringt die DB Erzgebirgsbahn derzeit eine Zugkilometerleistung von 2,1 Millionen jährlich. Diese soll nach Abschluss der Gleissanierungen auf 2,6 Millionen bis zum Jahr 2006 steigen, sodass auf allen Strecken an Wochentagen ein Stundentakt geboten werden kann (heute wird zweistündlich gefahren). Die 16 vorhandenen Triebzüge reichen dafür aus, denn durch die Erhöhung der Streckenhöchstgeschwindigkeit können die Umlaufpläne optimiert werden. Der Verkehrsvertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren wurde am 27. März 2003 geschlossen.

Zum selben Zeitpunkt wurde ein Bau- und Finanzierungsvertrag zwischen dem Freistaat Sachsen, dem ZVMS und der Deutschen Bahn AG unterzeichnet, der den weiteren Ausbau der Infrastruktur regelte. Die geplanten Investitionen von 180 Millionen Euro teilen sich Bahn, Bund, Freistaat und Zweckverband. Bereits im April 2001 hatten die Beteiligten auf Initiative der DB AG das Projekt Erzgebirgsbahn mit Vorverträgen auf den Weg gebracht – eine noch im Jahr 2000 vom ZVMS favorisierte Ausschreibung der Personenverkehrsleistungen auf den vier Strecken wurde nicht weiter verfolgt.

»Die Zukunft wird gut«, meint Mike Juntke vom Bereich Marketing der DB Erzgebirgsbahn. Damit ist nicht allein der Stundentakt an Werktagen ab 2006 gemeint, sondern auch die mindestens zweistündliche Fahrtenfolge an Wochenenden. Denn Fahrgastzuwächse werden auch im Bereich der Freizeitverkehre erwartet, denkbar sind Kooperationen mit Tourismuspartnern in der Region. Den Auftakt bildet seit dem 14. Dezember 2003 ein grenzüberschreitendes Zugpaar von Zwickau nach Karlovy Vary an Wochenenden, das einen Tagesausflug nach Böhmen ermöglicht und mit dem Egronet-Ticket für zwölf Euro pro Person bzw. dem Schönes-Wochenende-Ticket genutzt werden kann.

»Mehr als 1,5 Millionen Menschen waren 2006 mit den Zügen der Erzgebirgsbahn unterwegs. Das sind rund 25 Prozent mehr als im Vorjahr. An diesen positiven Trend der vergangenen fünf Jahre wollen wir auch in diesem Jahr anknüpfen«, sagte Lutz Mehlhorn, Leiter der Erzgebirgsbahn Anfang 2007. Nach Ansicht von Mehlhorn beginnen sich die bisher getätigten Investitionen in das Streckennetz in Höhe von rund 137 Millionen Euro auszuzahlen. Bereits mit der Wiederaufnahme des durchgängigen Verkehrs auf den Strecken Chemnitz – Aue und Chemnitz – Olbernhau, vor knapp zwei Jahren, habe es nach Ansicht Mehlhorns einen deutlichen Fahrgastschub gegeben. Zudem haben die grenzüberschreitenden Verkehre nach Tschechien und gemeinsam mit Partnern aus der Region entwickelte neue Angebote wie das »Fichtelbergticket« oder das Ticket »Dampf und Draht« für Zuwachsraten im Freizeitverkehr geführt.

Neben den zum Teil erheblich kürzeren Fahrzeiten und den neuen Angeboten heben die Fahrgäste in Umfragen zudem immer wieder den anerkannt hohen Pünktlichkeitsgrad der Erzgebirgsbahn von über 99 Prozent sowie die Sauberkeit der Züge hervor. Besonders stolz ist EGB-Chef Mehlhorn darauf, dass die Erzgebirgsbahn sowohl bei bahninternen Umfragen als auch bei Umfragen des renommierten Instituts INFAS einen Spitzenplatz in der Kundenzufriedenheit im bundesweiten DB-Vergleich belegt. »Gut zwei Drittel unserer Fahrgäste haben uns bei den letzten INFAS-Umfragen im Frühjahr und Herbst 2006 mit gut oder sehr gut bewertet. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und unsere Kunden das bisher Geleistete auch honorieren.«

Zugleich weist Mehlhorn aber auch darauf hin, dass die Sanierung der Strecken im Erzgebirge noch nicht abgeschlossen sei. »So wird ab April 2007 die Strecke Erdmannsdorf Augustusburg – Annaberg Buchholz unterer Bahnhof bis zum Fahrplanwechsel im Dezember voll gesperrt. Alle Züge verkehren dann im Schienenersatzverkehr. Wir sind uns bewusst, dass dies für unsere Fahrgäste eine Belastung sein wird. Dennoch hoffen wir auf Verständnis für die notwendigen Sanierungsarbeiten«, so der EGB-Chef.

Ein Beitrag aus Regionalverkehr 1/2004.

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