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Regionalverkehr 9-2007

WestfalenBahn: vier Partner, fünf Farben

Cyan, Petrol und Pistazie, dazu etwas Schwarz und ein Hauch Orange. Das sind die Farben auf den elektrischen Triebzügen der neuen WestfalenBahn GmbH, die am 9. Dezember 2007 auf dem Teutoburger-Wald-Netz an den Start geht. Zum Einsatz kommen 19 drei- und fünfteilige Einheiten vom Typ FLIRT des Herstellers Stadler Pankow GmbH, von denen die ersten seit dem Frühjahr die Inbetrieb- und Abnahmephase durchlaufen. Die zu 90 Prozent niederflurigen Bahnen sollen auf den heute noch von DB Regio betriebenen Strecken Bad Bentheim – Rheine – Osnabrück – Herford – Bielefeld/ Paderborn (Regionalbahn 61 und 62, »Wiehengebirgsbahn«), Rheine – Münster (RB 65, »Ems-Bahn«), Münster – Osnabrück (RB 66, »Teuto-Bahn«) und Bielefeld – Herford – Paderborn (RB 72, »Ostwestfalen-Bahn«) fahren. Für zehn Jahre wird der neue Betreiber jährlich über vier Millionen Fahrplankilometer auf dem rund 300 Kilometer langen Netz erbringen.

Gesellschafter der WestfalenBahn sind die Essener Abellio GmbH, die Mindener Kreisbahnen GmbH, die Bielefelder moBiel GmbH und die Verkehrsbetriebe Extertal – Extertalbahn GmbH. Die Anteile der Partner liegen bei jeweils 25 Prozent. An der Spitze des 2005 gegründeten Unternehmens steht Rainer Blüm, Geschäftsführer und Betriebsleiter in Personalunion. Bei den umfangreichen Vorbereitungen zum Betriebsstart im Dezember kommen ihm seine bei der Nord-Ostsee-Bahn gemachten Erfahrungen zugute, deren Betrieb er von 2000 bis 2005 leitete. Zugleich kann er auf das Know-how der vier WestfalenBahn-Gesellschafter zurückgreifen: So übernimmt Abellio das Controlling, die Mindener Kreisbahnen sind für die Buchhaltung und das Personalwesen zuständig, beim städtischen Verkehrsbetreiber moBiel wird die Leitstelle angesiedelt, und die Verkehrsbetriebe Extertal erarbeiten ein Notfallkonzept für Schienenersatzverkehre mit Bussen. Zirka 80 Mitarbeiter werden für die WestfalenBahn tätig sein, davon sechs in der neuen Werkstatt, die derzeit in Rheine entsteht.

Fahrzeuge

Die 19 Stadler-FLIRT, die über das Leasingunternehmen Angel Trains Europe GmbH beschafft werden, gelten als technisch ausgereift: Weitgehend baugleiche Fahrzeuge laufen unter anderem bei der Cantus Verkehrsgesellschaft in Hessen und bei der Regio-S-Bahn Basel. Zwar waren die FLIRT bei seinem Einstieg bei der WestfalenBahn schon bestellt, doch Details konnte Rainer Blüm noch mitbestimmen: So kommen als Frontlichter Leuchtdioden zum Einsatz, die weitaus unempfindlicher gegen eindringende Nässe sind als Glühlampen.

An »seinen« neuen FLIRT gefällt dem Geschäftsführer vor allem die betreiberfreundliche Gestaltung. Der Unterbodenbereich ist frei von Elementen, die regelmäßig gewartet werden müssen, die Absperrhähne befinden sich einfach zugänglich in einem abschließbaren Schrank im Fahrgastraum, und der Fußbodenbelag ist an den Rändern um mehrere Zentimeter hochgezogen, sodass kein Putzwasser in die Seitenwandkonstruktion sickern kann. Erleichtert wird die Bodenreinigung durch die in Cantileverausführung an den Seitenwänden montierten Sitze, die ohne zusätzliche Stützen auskommen.

FLIRT WestfalenBahn

Starke Farben dominieren auch im Innenraum: Die Grammer-Polstersitze mit Bezügen des Herstellers Schoepf leuchten in Cyan und Petrol, die Stirnwände erstrahlen in Pistazie, die Übergänge zwischen den einzelnen Wagenteilen sind mit cyanfarbenen Kunststoffelementen verkleidet. Geradezu beruhigend nehmen sich dagegen die hellgrauen Decken- und Seitenwandverkleidungen sowie der grau gemusterte Fußboden aus. Den Reisenden in der 1. Klasse stehen zusätzlich Tische, groß genug für einen Laptop, und Steckdosen zur Verfügung. Die dreiteiligen Einheiten verfügen über ein behindertenfreundlich ausgestattetes WC und drei Mehrzweckbereiche, die Fünfteiler über zwei Toiletten und fünf Mehrzweckbereiche. Bis zum Betriebsstart werden alle Züge außerdem noch mit einem bzw. zwei Fahrkartenautomaten sowie einem Videoüberwachungssystem der Verint Systems GmbH ausgestattet.

Mehr Komfort

Ziel des 2004 durchgeführten Wettbewerbs war es, den derzeitigen Angebotsumfang auf dem Teutoburger-Wald-Netz zu sichern und gleichzeitig die Angebotsqualität zu verbessern. Das sollte mit den FLIRT gelingen: Im Gegensatz zu den heute hier eingesetzten Regionaltriebzügen der Baureihe 425 verfügen die neuen Fahrzeuge über besser gepolsterte Sitze mit Armlehnen, außerdem sind sie – bedingt durch die Anordnung der Antriebe in den Endwagen – deutlich leiser. Ende 2004 hatte der Zweckverband SPNV Münsterland (ZVM), der die Ausschreibung gemeinsam mit den drei benachbarten Aufgabenträgern Zweckverband VerkehrsVerbund OstWestfalenLippe (VVOWL), Zweckverband Nahverkehrsverbund Paderborn Höxter (nph) und der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) durchgeführt hatte, die Leistungen an die Bietergemeinschaft WestfalenBahn vergeben, aus der das gleichnamige Unternehmen entstand.

Neue Werkstatt

Eingesetzt werden die FLIRT, von denen 17 für den planmäßigen Betrieb benötigt werden, von Rheine, Osnabrück, Bielefeld und Paderborn aus. Während der nächtlichen Betriebsruhe sollen Wachdienste ein Auge auf die Fahrzeuge haben, bei kürzeren Abstellzeiten einzelner Einheiten verbleibt der Lokführer auf dem Zug. Bis Ende November rechnen Rainer Blüm und Werkstattleiter Udo Altevolmer zudem mit der Fertigstellung der neuen Werkstatt, die seit März auf dem Werksgelände der Windhoff Bahn- und Anlagentechnik GmbH in Rheine entsteht. An ein bestehendes Gebäude wurde eine 120 Meter lange Halle aus Fertigbetonteilen angebaut, die über zwei Gleise, einen Portalkran, Materiallager sowie Sozial- und Büroräume verfügen wird. Eines der beiden Gleise ist mit einer Untersuchungsgrube ausgestattet, das andere mit 20 Hebeböcken, die einen FLIRT komplett anheben können, zum Beispiel für einen Drehgestelltausch. Die Halle wird über neue Gleise ans Schienennetz angeschlossen, außerdem entsteht ein Waschgleis mit Entsorgungsanlage für die Abwassertanks. Die Werkstatt wird von Windhoff errichtet und an die WestfalenBahn vermietet.

Ein Beitrag aus Regionalverkehr 9/2007.

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