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29.06.2017 • Effiziente Elektrobusse von MAN

Bereits auf der IAA Nutzfahrzeuge 2016 in Hannover sorgte MAN Truck & Bus für einen Hingucker: Vorgestellt wurde ein modulares Konzeptfahrzeug, das mit unterschiedlichen Systemen für Depot- und Zwischenladungen ausgestattet ist. Der in grünmetallic lackierte Gelenkbus basiert auf dem bewährten Stadtbus Lion’s City und ist Auftakt zur MAN eMobility Roadmap. Nach dieser wird bis Ende 2018 die Vorserienversion eines Batteriebusses vorgestellt, die Serienproduktion eines zu 100 Prozent elektrisch angetriebenen Stadtbusses soll Ende 2019 starten. Bis 2030 will MAN mehr als 50 Prozent seiner Absätze im Stadtbussegment mit emissionsfrei angetriebenen Fahrzeugen erzielen.

Auf dem Weg zum Elektrobus

Erneut zu sehen war das Konzeptfahrzeug auf der BUS2BUS am 25. und 26. April 2017 in Berlin. Auf den ersten Blick unterscheidet sich der Dreiachser kaum von herkömmlichen Gelenkbussen für aufkommensstarke Stadtlinien: Fünf breite Doppeltüren sorgen für einen schnellen Fahrgastwechsel, der Wagenboden ist durchgehend eben, Mehrzweckbereiche zwischen der zweiten und dritten Tür sowie gegenüber der vierten Tür bieten genügend Platz für Rollstuhlfahrer und die Mitnahme von Kinderwagen. Die Besonderheiten des Konzeptfahrzeugs verstecken sich hinter einer unscheinbaren Seitenklappe bzw. den dynamischen Dachverkleidungen: Hinter der Klappe, die auf der Türseite vor der ersten Achse angeordnet ist, verbirgt sich ein Steckersystem für die Depotladung per Stromkabel, auf dem Dach sitzen ein so genanntes Lade-Inlet für die Zwischenladung (Opportunity Charging) sowie die Energiespeicher. Zum schnellen Zwischenladen senkt sich der Pantograf einer Ladesäule auf das Inlet, das ungefähr über der Vorderachse positioniert ist.

Das MAN-Konzeptfahrzeug war auch auf der BUS2BUS in Berlin zu sehen.

Das MAN-Konzeptfahrzeug war auch auf der BUS2BUS in Berlin zu sehen.

Auf dem Weg zum Elektrobus

Im Rahmen seiner eMobility-Roadmap ging MAN in den vergangenen Monaten mehrere Innovationspartnerschaften mit Stadtwerken und Betreibern in Deutschland und Luxemburg ein. Mit dabei sind die Hamburger Hochbahn (Hochbahn) und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) sowie die Stadtwerke München (SWM) und die Stadtwerke Wolfsburg mit ihren Tochterunternehmen Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bzw. Wolfsburger Verkehrs-GmbH (WVG). Ende Mai 2017 kam noch der Betreiber Voyages Emile Weber, eines der größten Busunternehmen Luxemburgs, hinzu. Ziel dieser Partnerschaften ist die Zusammenarbeit bei der Etablierung alternativer Antriebe im Stadtverkehr. Unter anderem werden die beteiligten Betreiber auch Teil des Feldversuchs sein, bei dem ab 2018 Elektrobusse an mehrere Städte geliefert werden. Weitere europäische Städte sollen zum Zeitpunkt des Einsatzes der Demoflotte folgen.

Jeder der Partner kann seine besonderen Erfahrungen einbringen. So sind bei Hochbahn und VHH bereits Busse mit elektrischen Antrieben im Einsatz. Seit Ende 2014 laufen unter anderem auf der Innovationsline 109 Tests mit Plug-in-Hybridbussen und Batteriebussen mit Brennstoffzelle als Range-Extender. Der Fuhrpark beider Unternehmen umfasst rund 1500 Busse, davon sind derzeit rund 60 mit alternativen Antrieben auf Hamburgs Straßen unterwegs. Mit der MVG und den Stadtwerken München werden unter anderem Fragestellungen zur Stromversorgung eines elektrischen ÖPNV diskutiert. Mit der WVG arbeitet MAN bereits bei der Einrichtung der »Alternativen grünen Route« zusammen – hier sollen elektrisch betriebene Buslinien eine eigenständige Führung abseits des Individualverkehrs erhalten, um die Ortsteile besser mit der Wolfsburger Innenstadt und dem VW-Werk verküpfen zu können. Wie in Hamburg sollen auch in Luxemburg ab dem Jahr 2020 nur noch emissionsfrei fahrende Busse beschafft werden – im Rahmen der Kooperation von MAN und dem Betreiber Voyages Emile Weber sind unter anderem Workshops zu den Anforderungen an Elektrobusse geplant. Zudem werden vier batterieelektrische Fahrzeuge zum beiderseitigen Erkenntnisgewinn im Fuhrpark von Emile Weber zum Einsatz kommen.

Präferenz für den Depotlader

Durch die langjährige Erfahrung mit elektrifizierten Antriebssträngen und Komponenten beim Lion’s City Hybrid, der in größeren Stückzahlen unter anderem bei der ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG fährt, ist MAN nach eigenen Angaben bestens aufgestellt, um ab 2020 praxistaugliche und effiziente Elektrobusse anbieten zu können. Dabei setzt der Hersteller künftig auf das Depotladen per Stromkabel. MAN hat knapp 200 Kunden befragt. Deren Rückmeldungen sowie die der Städte lassen MAN zu dem Schluss kommen, dass für den späteren Alltagsbetrieb ein störungsfreier Einsatz ohne Zwischenladen wichtiger ist als uneingeschränkte Reichweite. Zudem wird die schnell zunehmende Leistungsfähigkeit der Batterien schon in naher Zukunft die benötigten Reichweiten und Transportanforderungen im Liefer- und Cityverkehr ermöglichen. Gegen das Opportunity Charging spricht unter anderem, dass sich die Unterbrechung im Fahrbetrieb schwierig mit Fahrplänen bzw. festen Lieferzeiten vereinbaren lässt. Zudem erfordert es hohe Investitionen in die Ladesäulen bei gleichzeitig starren Strukturen, die keine flexiblen Änderungen bei der Linien- bzw. Routenführung, zum Beispiel bei Straßensperrungen oder Baustellen, zulassen. Nicht zuletzt gibt es in vielen Innenstädten bauliche Einschränkungen, beispielsweise durch historische Gebäude. Eine Pantografeninfrastruktur entlang der Strecke für das Opportunity Charging kostet in der TCO-Betrachtung (Total Cost of Ownership, Gesamtbetriebskosten) im Durchschnitt doppelt so viel wie die entsprechende Depotladeinfrastruktur (gemessen in Cent pro Kilometer).

MAN setzt künftig auf das Depotladen per Stromkabel.

MAN setzt künftig auf das Depotladen per Stromkabel.

MAN wird seine künftigen Elektrobusse deshalb mit einem modularen Konzept anbieten, bei dem die Anzahl der Speichermodule pro Fahrzeug je nach erforderlicher Tagesreichweite und Beförderungskapazität gewählt werden kann. Ein Zwischenladesystem soll es nicht mehr geben. Gegen ein Nachladen unterwegs hatte sich unter anderem die Hochbahn ausgesprochen, auch wenn dieses auf der Innovationslinie 109 funktioniert. Als Gründe werden die eingeschränkte Umlaufplanung genannt, bei der stets entsprechende Ladepausen einzulegen sind, sowie die Schwierigkeit, geeignete Standorte für Ladesäulen im öffentlichen Raum zu finden. Favorisiert werden stattdessen Busse, die mit einer Ladung den ganzen Tag fahren können. Auch bei den vier Bussen, die im Rahmen der Innovationspartnerschaft nach Luxemburg geliefert werden, handelt es sich um Depotlader mit Steckersystem.

Standardisierung der Ladetechnologie

In MAN-Bussen kommen ebenso wie in MAN-LKW dieselben Lade- und Speichertechnologien zum Einsatz. Die aktuelle Batterietechnologie (Li-NMC-Ionen) stammt aus dem Volkswagen-Konzern und wurde an die Anforderungen für den Nutzfahrzeugeinsatz adaptiert. Auf der IAA Nutzfahrzeuge 2016 war auch ein vollelektrischer Konzept-LKW von MAN zu sehen. Eine wichtige, noch ungelöste Aufgabe sieht MAN in der Standardisierung der Schnittstelle der Ladetechnologie. Denn Standardisierung ist die Voraussetzung für Flexibilität, Interoperabilität und Planungssicherheit bei den Betreibern der Stadtbusflotten und somit die Voraussetzung für einen erfolgreichen Einzug der emissionsfreien Antriebstechnologien in den Städten. Daher beteiligt sich MAN beispielsweise an der Charging Initiative (CHARIN). Deren Zielsetzung besteht darin, aufbauend auf der erfolgreich eingeführten Combined-Charging-System-Ladeschnittstelle (CCS) im Pkw-Bereich, die Standardisierung für das Laden von Elektrobussen und Elektro-LKW voranzutreiben.

Bilder: MAN

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 04/2017.
Erscheinungstag: 29.06.2017

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