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25.08.2017 • Schönbuchbahn fit für die Zukunft

Schon für die erste Ausgabe von Regionalverkehr, die im September 1997 zum Thema »Leichttriebwagen in Europa« erschien, haben wir die Schönbuchbahn von Böblingen nach Dettenhausen besucht. Erst ein gutes halbes Jahr zuvor, am 1. Dezember 1996, war die 17 Kilometer langen Strecke, die in Böblingen Anschluss an die Stuttgarter S-Bahn hat, im Personenverkehr reaktiviert worden. Zur Wiederaufnahme des Betriebs waren eine ganze Reihe von Instandsetzungsarbeiten nötig. Zwölf Haltepunkte bzw. Bahnhöfe und sechs Brücken wurden saniert oder neu gebaut, Bahnübergänge umgebaut und gesichert, die Streckenhöchstgeschwindigkeit von 50 auf 80 Stundenkilometer erhöht sowie im Bahnhof Holzgerlingen Nord, etwa in Streckenmitte gelegen, eine Kreuzungsmöglichkeit mit Rückfallweichen errichtet. Für den Betrieb standen vier neue Leichttriebwagen vom Typ Regio-Shuttle das damaligen Herstellers ADtranz zur Verfügung, die in einer ebenfalls neu errichteten Werkstatt in Dettenhausen gewartet wurden. Prognosen gingen von 2500 bis 3500 Fahrgästen täglich aus. Schon am ersten regulären Betriebstag, am 2. Dezember 1996, konnten jedoch 3740 Passagiere gezählt werden. Und auch in den Folgejahren stiegen die Reisendenzahlen kontinuierlich: Im Frühjahr 2003 wurden werktags bereits 6800 Fahrgäste gezählt, im April 2008 über 7400. Bis 2020 wird ein Aufkommen von über 10.000 Passagieren erwartet.

Noch ist der Endbahnhof Dettenhausen ein Idyll, bald soll hier der Fahrdraht hängen.

Noch ist der Endbahnhof Dettenhausen ein Idyll, bald soll hier der Fahrdraht hängen.

Obwohl die Kapazitäten der Schönbuchbahn zwischenzeitlich mehrmals erhöht wurden – 2001 waren zwei weitere Triebwagen angeschafft und die Bahnsteige für Dreiwagenzüge verlängert worden –, sind Infrastruktur und Fahrzeuge den künftigen Anforderungen kaum noch gewachsen. So entschied sich der im Jahr 1993 von den Landkreisen Böblingen und Tübingen gegründete Zweckverband Schönbuchbahn (ZVS), dem die Strecke gehört, für den erneuten Ausbau und die Elektrifizierung. Zwischen Böblingen und Holzgerlingen entstehen zwei zweigleisige Begegnungsabschnitte, und die Regio-Shuttles werden durch Elektrotriebzüge des spanischen Herstellers CAF ersetzt.

Die Bauarbeiten haben bereits begonnen und sollen bis September 2018 andauern. Am 31. Juli 2017, mit Beginn der baden-württembergischen Sommerferien, wurde die Strecke auf voller Länge gesperrt, anstelle der Züge fahren Busse. Am 10. September wird der Zugverkehr wieder aufgenommen, aber nur zwischen Holzgerlingen und Dettingen. Der Abschnitt zwischen Böblingen und Holzgerlingen bleibt ein volles Jahr gesperrt, Reisende müssen auf den Bus umsteigen. In Böblingen entsteht nahe dem ZOB zudem ein neuer Betriebshof für die Elektrotriebzüge, da die Anlage in Dettenhausen nicht alle neuen Fahrzeuge aufnehmen kann. Die Bauarbeiten an den Gleisen und die Elektrifizierung sollen spätestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2018 abgeschlossen sein. Die neuen Triebzüge – insgesamt sind neun Einheiten bestellt, optional sollen innerhalb von drei Jahren drei weitere Züge nachbestellt werden können – stehen voraussichtlich ab Ende 2020 zur Verfügung. Die vorhandenen Regio-Shuttles werden zunächst also weiter eingesetzt, dann aber auf neuen Gleisen.

Im Frühsommer 2017 waren die Arbeiten entlang der Strecke zwischen Böblingen und Holzgerlingen bereits in vollem Gang – Waldwege wurden gesperrt, Bauwege angelegt, Bäume links und rechts der Gleise gefällt. Außerdem hatte das mit den Bauarbeiten beauftragte Unternehmen Leonhard Weiss bereits mit dem Erdaushub und den Planumsarbeiten an der Trasse des zweiten Gleises begonnen. Errichtet werden zwei Doppelgleisabschnitte: vom Bahnhof Böblingen bis zur Haltestelle Böblingen Danziger Straße und vom Haltepunkt Böblingen Zimmerschlag bis zur künftigen Haltestelle Holzgerlingen Hülben. Die beiden Abschnitte sind knapp 1,5 bzw. rund 3,5 Kilometer lang, zwei Bahnübergänge werden durch Unterführungen ersetzt. Der Haltepunkt Holzgerlingen Hülben entsteht südlich des heutigen Kreuzungsbahnhofs Holzgerlingen Nord, der mit Einstellung des Zugverkehrs am 31. Juli 2017 aufgegeben wurde, neu.

Die bisherige Kreuzungsstation Holzgerlingen Nord wird komplett rückgebaut.

Die bisherige Kreuzungsstation Holzgerlingen Nord wird komplett rückgebaut.

Abschnittsweise wird die Streckenhöchstgeschwindigkeit von 80 auf 100 Stundenkilometer angehoben. Außerdem müssen alle Bahnsteige für die neuen Züge auf eine einheitliche Länge von 85 Metern und eine Höhe von 76 Zentimetern über Schienenoberkante (SO) gebracht werden, damit die Reisenden künftig stufenfrei in die neuen Elektrotriebzüge einsteigen können. In Dettenhausen wird es neben neuen Bahnsteigen eine Verlängerung der Werkstatt bzw. Abstellhalle für die neuen Züge geben. Nach Fertigstellung der Begegnungsabschnitte soll auf der Schönbuchbahn in den Hauptverkehrszeiten an Werktagen ein 15-Minuten-Takt eingerichtet werden. Der neue Fahrplan soll voraussichtlich schon ab Dezember 2018 gelten. Hierfür wird die Regio-Shuttle-Flotte zunächst um zwei Leihfahrzeuge erweitert.

Bisher erbrachte die vom ZVS beauftragte Württembergische Eisenbahngesellschaft (WEG) auf der Schönbuchbahn eine Betriebsleistung von rund 400.000 Zugkilometern jährlich, 2014 wurden an Werktagen über 8000 Fahrgäste gezählt. Montags bis samstagmittags wurde im 30-Minuten-Takt gefahren, samstagnachmittags und sonntags im Stundentakt. Die Fahrtzeit auf der 17 Kilometer langen Strecke betrug 24 Minuten. Künftig sollen es einige Minuten weniger sein, da sich die Züge auf den neuen zweigleisigen Abschnitten begegnen werden und nicht mehr im Kreuzungsbahnhof Holzgerlingen Nord aufeinander warten müssen. Außerdem sollen die neuen Elektrotriebzüge noch etwas spurtstärker als die Dieselzüge sein.

Auch bei unserem zweiten Besuch auf der Schönbuchbahn am 14. Juli 2017 zeigten sich die Regio-Shuttles wie aus dem Ei gepellt, ihre 21 Einsatzjahre sieht man den Fahrzeugen kaum an. Die 24 Minuten Fahrzeit waren trotz der zahlreichen Haltepunkte praktisch konkurrenzlos. Dass die Fahrgäste zwischen Böblingen und Holzgerlingen nun für mindestens ein Jahr auf den Bus umsteigen müssen, ist zu verschmerzen: Die WEG stellt einen Schienenersatzverkehr (SEV) mit modernen Niederflurbussen auf die Beine, pro Richtung soll die Fahrtzeitverlängerung nur etwa 15 Minuten betragen. Schon bedauerlicher ist es, dass die Strecke nach ihrer Elektrifizierung nicht in das Netz der Stuttgarter S-Bahn integriert wird. Dann hätte endlich auch das lästige Umsteigen in Böblingen der Vergangenheit angehört.

Den kompletten Artikel lesen Sie in Regionalverkehr 05/2017.
Erscheinungstag: 31.08.2017

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